Das Konzept eines nachhaltigen Mobilitätsplans betrachtet alle Mobilitätsangebote in Städten und Stadtregionen umfassend. Ziel ist es, einen langfristigen strategischen Rahmen für die zukünftige Mobilitätsentwicklung zu schaffen. Ein zentraler Bestandteil ist die Entwicklung eines Leitbilds für die städtische Mobilität. Darauf aufbauend werden Strategien entwickelt und konkrete, überprüfbare Ziele festgelegt, um den Fortschritt während der Umsetzung zu verfolgen. Außerdem werden Projekte und Maßnahmen geplant, die die nachhaltige Mobilität in Städten und Stadtregionen der Europäischen Union (EU) stärken sollen. Die Leitlinien für einen solchen Plan, auch Sustainable Urban Mobility Plan (SUMP) genannt, wurden im Jahr 2013 von der Europäischen Kommission erstmals veröffentlicht und im Jahr 2019 aktualisiert.
Quelle: Erstellt im Auftrag des BMV
Die Zielsetzung
Der nachhaltige Mobilitätsplan zielt darauf ab, die Mobilität einer Stadt umweltfreundlich und zukunftsfähig zu gestalten. Der Plan enthält Projekte und Maßnahmen, die gemeinsam mit der Politik, den Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren Interessengruppen erarbeitet und festgelegt wurden.
Wodurch zeichnet sich ein nachhaltiger Mobilitätsplan aus?
Die heutigen Herausforderungen im Mobilitätsbereich sind vielfältig.
Mobilität ermöglicht soziale und wirtschaftliche Aktivitäten.
Mobilitätsangebote müssen erreichbar, einfach nutzbar und sicher sein.
Umweltstandards und Maßnahmen zum Klimaschutz müssen eingehalten werden.
Mobilitätslösungen sollten wirtschaftlich sein.
Langfristige Entwicklungen und Perspektiven der Verkehrsinfrastruktur sind zu beachten.
Kurzfristige und aktuelle Mobilitätsbedarfe von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unternehmen müssen berücksichtigt werden.
Quelle: Erstellt im Auftrag des BMV
Vor allem in größeren Städten und Pendlerregionen reicht die Fokussierung auf einzelne Projekte nicht aus. Stattdessen muss das gesamte Mobilitätssystem betrachtet werden. Diese ganzheitliche Perspektive bildet die Grundlage für strategische Entscheidungen über Mobilitätslösungen, die Klimaschutz und Nachhaltigkeit fördern.
Ein nachhaltiger Mobilitätsplan öffnet sich auch anderen Bereichen wie Kultur, Bildung, Wirtschaft, Umwelt oder sozialen Belangen, die Mobilität beeinflussen. Langfristige Themen wie Stadtentwicklung, Flächennutzungsplanung und gesellschaftliche oder technische Veränderungen werden auch integriert. Unterschiedliche Szenarien im Plan berücksichtigen diese Entwicklungen und schaffen Raum für Anpassungen.
Charakteristisch für die nachhaltige Mobilitätsplanung ist die regelmäßige Beteiligung von Interessengruppen und der Bevölkerung. Gemeinsam werden Herausforderungen identifiziert, Ziele gesetzt und Maßnahmen erarbeitet, um die Lebensqualität in der Stadt für alle zu verbessern.
Warum lohnt sich ein Plan für Ihre Stadt?
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Ein nachhaltiger Mobilitätsplans ist kein Selbstzweck – er bringt Ihrer Kommune viele Vorteile. Zu den häufigsten Erfolgen zählen:
verringerte Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor
verbesserte Luftqualität und Lärmschutz
erhöhte Verkehrssicherheit
weniger Fahrzeuge und dadurch mehr frei nutzbarer öffentlicher Raum
breitere Akzeptanz und öffentliche Unterstützung durch die Berücksichtigung aller Bedürfnisse
Mobilitätsangebote für alle durch den Abbau von Barrieren
Wo liegt der Unterschied?
Was unterscheidet einen nachhaltigen Mobilitätsplan von anderen Verkehrsentwicklungsplänen? Ein klassischer Verkehrsentwicklungsplan (VEP) konzentriert sich vor allem auf:
Quelle: Erstellt im Auftrag des BMV
die Planung und Steuerung des Verkehrssystems,
den Ausbau und die Beseitigung von Engpässen in der Verkehrsinfrastruktur und
die Kapazitäten und Verkehrsflüsse einzelner Verkehrsmittel.
Aspekte wie Umwelt, Wirtschaft, Gesundheit oder soziale Belange spielen dabei oft eine untergeordnete Rolle. Zudem sind VEP meist kurz- oder mittelfristig angelegt. Die Einbindung der Bevölkerung und anderer Interessengruppen erfolgt oft erst am Ende der Planungsphase.
Traditionelle Verkehrsplanung
Fokus auf Verkehr
Primäre Zielsetzung: Kapazität und Geschwindigkeit des Verkehrsflusses steigern
Fokus auf Verkehrsträger
Infrastruktur als Schwerpunkt
Sektorbezogenes Planungsdokument
Kurz- und mittelfristiger Umsetzungsplan
Planungsgebiet innerhalb (kommunaler) Verwaltungsgrenzen
Erstellt von Verkehrsingenieurinnen und - Ingenieuren
Integrierte Entwicklung aller Verkehrsträger und Verlagerung zu nachhaltiger Mobilität
Kombination von Infrastruktur, Anreizsystemen, Regulierung, Information und Förderung
Planungsdokument abgestimmt mit relevanten Sektoralplanungen und Politikbereichen
Kurz- und mittelfristiger Umsetzungsplan, der in ein langfristiges Leitbild und Strategie für die Zukunft eingebettet ist
Festlegung des Planungsgebietes unter Betrachtung verkehrlicher Wechselwirkungen mit dem Umland
Interdisziplinäre Planungsteams
Einbinden von Interessengruppen sowie Bürgerinnen und Bürgern anhand eines transparenten und beteiligungsorientierten Ansatzes
Systematische Evaluation, um den Lern- und Verbesserungsprozess zu erleichtern
Quelle: Leitlinien für Nachhaltige Urbane Mobilitätspläne (SUMP), Zweite Ausgabe, European Platform on Sustainable Urban Mobility Plans (S. 11)
Ein nachhaltiger Mobilitätsplan verfolgt von Beginn an folgende Ansätze:
Er bezieht Umwelt, Soziales und Wirtschaft von Anfang an mit ein.
Er entwickelt eine strategische Grundlage für die zukünftige Mobilität.
Er bringt unterschiedliche Akteurinnen und Akteure zusammen.
Er bindet die Bevölkerung frühzeitig und aktiv ein.
Quelle: Erstellt im Auftrag des BMV
Die 8 Prinzipien des nachhaltigen Mobilitätsplans
Diese acht Prinzipien bilden die Grundlage der nachhaltigen urbanen Mobilitätsplanung:
Nachhaltige Mobilitätsplanung berücksichtigt den Personen- und Güterverkehr nicht nur innerhalb der kommunalen Grenzen, sondern auch im sogenannten funktionalen Stadtgebiet. Dieses Gebiet ergibt sich aus Angaben:
zur Bevölkerungsdichte,
den Siedlungskernen und
dem Pendelverkehr.
Die enge Verbindung vieler Städte mit ihrem Umland und der Regionalverkehr machen eine übergreifende Betrachtung notwendig. Ohne Anpassungen im Regionalverkehr bleibt eine nachhaltige Gestaltung des Stadtverkehrs oft wirkungslos.
Ziel eines nachhaltigen Mobilitätsplans ist es, allen Menschen den Zugang zu Dienstleistungen, Arbeitsplätzen sowie Bildungseinrichtungen zu erleichtern. Außerdem spielen regionale Versorgungszentren sowie Verknüpfungspunkte zu Fernverkehrsnetzen eine entscheidende Rolle.
Mit jedem nachhaltigen Mobilitätsplan, den eine Kommune entwickelt und umsetzt, wächst ein europäisches Netzwerk nachhaltiger Mobilität. Dies verbessert langfristig die Leistungsfähigkeit des europaweiten Verkehrsnetzes.
Nachhaltige Mobilitätsplanung erfordert die Zusammenarbeit über Fach- und Abteilungsgrenzen hinweg. Das bedeutet, dass Pläne, Strategien und Ziele aus anderen relevanten Bereichen in die Mobilitätsplanung einfließen sollten. Dazu gehören beispielsweise:
Flächennutzung und Raumplanung
Stadtentwicklung
Energieversorgung
Bildung und Kultur
Polizei und Ordnungsrecht
Gesundheit und Soziales
Neben dem fachübergreifenden Austausch ist auch die Abstimmung zwischen verschiedenen Verwaltungsebenen – Bezirk, Gemeinde und Region – notwendig. Dabei sollten Vorgaben und Planungen der Länder und des Bundes berücksichtigt werden.
Damit der nachhaltige Mobilitätsplan, seine Ziele, Projekte und Maßnahmen von möglichst vielen Menschen akzeptiert werden, ist ein gemeinschaftlicher Planungsprozess entscheidend. Dazu informieren Sie die Bevölkerung nicht nur, sondern binden sie aktiv ein. Die Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger werden in der Planungsphase berücksichtigt und bei der Umsetzung weiter besprochen. Folgende Gruppen sollten Sie dabei einbeziehen:
Bewohnerinnen und Bewohner des Planungsgebiets – insbesondere Kinder, ältere Personen und Menschen mit besonderen Mobilitätsbedürfnissen
Institutionen und Unternehmen, die von der Mobilitätsplanung betroffen sind
Personen, die das Stadtgebiet regelmäßig nutzen – zum Beispiel Pendlerinnen und Pendler, Kundinnen und Kunden sowie Touristinnen und Touristen in Regionen mit hohem Aufkommen an Besuchenden.
Tipp: Beziehen Sie alle wichtigen Interessengruppen aktiv ein. So schaffen Sie die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung Ihres Mobilitätsplans.
Die Grundlage für jeden nachhaltigen Mobilitätsplan ist eine gründliche Analyse des Ist-Zustands – Mobilitätsangebot, deren Nachfrage und bestehende Planungen. Diese Bestandsaufnahme sorgt dafür, dass vorhandene Strukturen berücksichtigt sowie alle wichtigen Akteurinnen und Akteure einbezogen werden. Dabei helfen folgende Leitfragen:
Wie verteilen sich die Mobilitätsangebote über mein Planungsgebiet?
Wie ist die Nachfrage nach Mobilitätsangeboten?
An welchen Stellen im Stadtgebiet besteht welcher Mobilitätsbedarf?
Gibt es einen Mobilitätsbedarf für besondere Gruppen?
Welche Planungen liegen bereits vor und gibt es Schwerpunkte für Maßnahmen anderer Fachbereiche in dem Planungsgebiet?
Wer sind die Planungsbeteiligten, sowohl aus der öffentlichen Verwaltung als auch private Betreiber?
Welche organisierten Gruppen gibt es vor Ort?
Ein nachhaltiger Mobilitätsplan basiert auf einem langfristigen Leitbild und klar definierten Zielen. Daraus werden Handlungsstrategien abgeleitet, die als Grundlage für Maßnahmen und Maßnahmenpakete dienen.
Der Plan umfasst die die gesamte städtische Region, berücksichtigt jedoch örtliche Schwerpunkte, je nach Ausgangslage. Dabei sollten alle Verkehrsträger sowie Verkehrsformen einbezogen werden:
öffentlicher und privater Verkehr
motorisierter und nicht-motorisierter Verkehr
fließender und ruhender Verkehr
Personenverkehr und Gütertransport
Beschreiben Sie die einzelnen Maßnahmen eindeutig und machen Sie Angaben zu:
Ihrem Beitrag zum Leitbild und den definierten Zielen
den vorhandenen finanziellen Mitteln und dem zusätzlichen Finanzierungsbedarf,
den zuständigen Personen oder Institutionen,
den bestehenden und erforderlichen Kapazitäten und Fähigkeiten.
Maßnahmen für eine integrierte Mobilitätsentwicklung zielen darauf ab die Effizienz, Umweltfreundlichkeit und Zugänglichkeit des Verkehrs zu steigern. Dazu gehören:
der Ausbau und die Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs,
die Förderung von Fahrrad- und Fußverkehr durch den Bau von Radwegen und Fußgängerzonen,
die Einführung von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und -lenkung.
Der Mobilitätsplan betrachtet das gesamte Mobilitätsangebot und optimiert die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsmittel, um Multimodalität zu fördern.
Des Weiteren werden Anreize geschaffen, um den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Elektrofahrzeuge, Carsharing und Mitfahrgelegenheiten zu erleichtern. Intelligente Verkehrssysteme, Echtzeitverkehrsinformationen und digitale Plattformen zur Routenplanung tragen dazu bei, die Mobilität kundenorientiert und konkurrenzfähig zum privaten Personenkraftwagen (Pkw) zu gestalten.
Zusätzlich werden städtebauliche Maßnahmen ergriffen, um eine kompakte und gemischt genutzte Stadtstruktur zu fördern, die kurze Wege und eine bessere Erreichbarkeit von Dienstleistungen und Arbeitsplätzen ermöglicht. Die Einbindung von Mobilitätskonzepten des nachhaltigen Mobilitätsplans in städtebauliche Planungen sowie die Förderung von alternativen Mobilitätsformen sind entscheidende Bestandteile einer integrierten Mobilitätsentwicklung.
In der Umsetzungsphase ist es wichtig, den Fortschritt regelmäßig zu überprüfen, um festzustellen, ob die Strategien und Maßnahmen die gewünschten Ergebnisse liefern. Der Fortschritt wird anhand festgelegter quantitativer und qualitativer Messgrößen ermittelt. Dafür werden relevante Daten gesammelt, ausgewertet und aufbereitet.
Fortschritte in der Umsetzung und deren Wirkung sollten klar an die Bevölkerung kommuniziert werden. Zudem ist es notwendig, den Fortschritt mit anderen Fachbereichen abzustimmen, beispielsweise über regelmäßige Statusberichte.
Der Mobilitätsplan dient als Leitfaden für die zukünftige, urbane Mobilität. Qualitätssicherung betrifft nicht nur für die fachlichen Inhalte, sondern auch die Einhaltung der Anforderungen des nachhaltigen Mobilitätsplans.
Das Online-Tool zur Selbstbewertung Ihres nachhaltigen Mobilitätsplans hilft Ihnen dabei zu überprüfen, ob Ihr Ansatz den europäischen Leitlinien für nachhaltige urbane Mobilität entspricht. Es zeigt Ihnen, wo der Plan noch verbessert werden kann, und gibt Hinweise auf mögliche Verbesserungen im gesamten Prozess.
Nachhaltige Urbane Logistik – SULP
Der Schwerpunkt nachhaltiger Mobilitätspläne liegt auf der zukünftigen Entwicklung der Mobilität von Personen. Doch auch der Güterverkehr in Städten, häufig motorisiert, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Beispiele dafür sind die Paketzustellung an Privathaushalte, die Müllabfuhr, der Transport von Baumaterialien oder die Warenverteilung an Unternehmen und Geschäfte. Da dieser Bereich überwiegend von privaten Unternehmen organisiert und umgesetzt wird, unterscheidet sich die Planung deutlich vom Personenverkehr.
Bei der Entwicklung eines nachhaltigen urbanen Logistikplans (Englisch: Sustainable Urban Logistics Plan, SULP) sind besondere Herausforderungen zu berücksichtigen, wie die Datenlage, die Vielfalt der privaten Akteurinnen und Akteure sowie deren wirtschaftliche Interessen. Auch die Erreichbarkeit der Stadt spielt eine wichtige Rolle für eine integrierte und nachhaltige urbane Logistikplanung.
Ein nachhaltiger, städtischer Mobilitätsplan kann Ihrer Kommune helfen, die Mobilität vor Ort weiterzuentwickeln. Antworten auf wichtige Fragen wie beispielsweise:
Wie beginne ich mit der Planung?
Was sollte ein nachhaltiger Mobilitätsplan für meine Kommune enthalten?
Wo finde ich Unterstützung?
finden Sie auf den folgenden Seiten.
Loslegen
Hier finden Sie Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Tipps und hilfreiche Informationen für alle vier Phasen der nachhaltigen urbanen Mobilitätsplanung.
Informieren Sie sich über die Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung für die Aufstellung und Fortschreibung eines nachhaltigen Mobilitätsplans. Hier finden Sie alle nötigen Informationen und Ansprechpersonen, um die finanzielle Unterstützung Ihres SUMP zu beantragen.